Bundespräsident und Wirtschaft erarbeiten Digitales Manifest

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23.11.2016

«Regulierung muss primär neue Ideen ermöglichen, statt bestehende Geschäftsmodelle schützen. Geltende Gesetze sollen auf ihre Tauglichkeit für die digitale Transformation überprüft werden. Ein privat geführter Zukunftsfonds soll ermöglichen, dass genügend Kapital und Expertenwissen den Jungunternehmen zur Verfügung gestellt werden.» Dies sind drei der Forderungen des «Digitalen Manifests», das gestern von 50 hochkarätigen «Digital Shapers» und Bundespräsident Schneider-Ammann erarbeitet wurde.

In Bern sind gestern 50 «Digital Shapers» aus den Bereichen Wissenschaft, Startup, Unternehmen, Politik und Kapitalgeber zusammengekommen, um gemeinsam Antworten auf die Frage zu geben: Was braucht es zur erfolgreichen Digitalisierung der Schweiz?

In seiner Begrüssung betonte der designierte EPFL-Präsident Martin Vetterli: «Es muss uns gelingen, die vorhandenen Datenmengen sinnvoll zu nutzen; wie in früheren Zäsuren das Öl für die Verbrennungsmotoren genutzt wurde.» Ständerat Ruedi Noser forderte einen grundsätzlichen Sinneswandel in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, damit wir im digitalen Wettbewerb einen Spitzenplatz ergattern. Insbesondere hielt er fest: «Man darf keine Ideen besteuern, bevor damit Gewinne erwirtschaftet werden – solche Innovationsbremsen treffen unsere Startups mit voller Härte und sind Gift für den Standort Schweiz.» Es brauche zudem mehr finanzielle Mittel für die Bildung und Forschung. Noser fordert zwei Milliarden Franken, die der Staat in den nächsten Jahren bereitstellen soll.

In vier parallel laufenden Workshops zu den Themen «Startups», «Bildung und Forschung», «Daten und Infrastruktur» und «Digitale Wirtschaft» wurden Herausforderungen diskutiert und Massnahmen verabschiedet. Im Rahmen des fünften Workshops zu «Rahmenbedingungen und Politik» versicherte Bundespräsident Johann Schneider-Ammann, dass das Thema Digitalisierung auch beim Bund derzeit weit oben auf der Agenda stehe und deutlich mehr Gewicht erhalte. Unter der Federführung von UVEK und WBF soll ein digitaler Beitrat ins Leben gerufen werden.

Johann Schneider-Ammann visualisierte seine Vision für eine erfolgreiche digitale Schweiz anhand eines «Digitalen Hauses Schweiz» mit sechs Etagen: eine starke Infrastruktur als Fundament, dann geht es hoch zur Bildung und Forschung, gefolgt von Innovation, Wirtschaft sowie Arbeitsplätze und Wohlstand. Getragen wird das Haus von den Grundwerten Freiheit und Eigeninitiative und ist gemauert durch eine Gesellschaft mit einer starken digitalen Affinität und einer verlässlichen, aber nicht einengenden Gesetzgebung.

Swisscom-CEO und Gastgeber des Treffens, Urs Schäppi verwies in seiner Rede auf die Top-Infrastruktur der Schweiz, die zügig und reibungslos weiter ausgebaut werden müsse. Er forderte aber auch Agilität und Veränderungsbereitschaft der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

Das «Digitale Manifest» wird im Rahmen des Worldwebforums am 24. Januar 2017 offiziell vorgestellt. Einen Eindruck vom Manifest kann man bereits auf der Webseite von digitalswitzerland gewinnen. Für Startups dürften insbesondere die folgenden beiden Punkte interessant sein:

Start-up Finanzierung
Ein privat geführter Zukunftsfonds soll ermöglichen, dass genügend Kapital und Expertenwissen den Jungunternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Neue Ideen dürfen nicht besteuert werden, bevor sie Gewinne abwerfen. Firmengründer, Investoren und Mitarbeiter, die sich an einem Start-up beteiligen, dürfen steuerlich gegenüber einem klassischen Investment am Kapitalmarkt nicht benachteiligt werden.

Grossunternehmen und Start-ups
Digitale Geschäftsmodelle sind international. Unternehmensstrategien, die an der Landesgrenze aufhören, haben kaum eine Perspektive.

Der Staat muss im digitalen Wandel Partner sein – analog zu den skandinavischen und baltischen Staaten, wo der digitale Austausch zwischen Bürger und Verwaltung weit fortgeschritten ist. Grosse etablierte Firmen haben die Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle im digitalen Umfeld kannibalisieren zu lassen und die Zusammenarbeit mit Start-ups zu unterstützen und zu fördern.

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