Startup Support: Milliarden in Deutschland, bessere Rahmenbedingungen in der Schweiz

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Stefan Kyora

02.08.2016

Obwohl in europäischen Ländern viele Startups entstehen, gibt es nur wenige schnell wachsende Highflyer. Um Startups beim Skalieren zu unterstützen, stockt Deutschland Investitionshilfen nun noch einmal um über 20 Milliarden Euro auf. Bundespräsident Johann Schneider-Ammann dagegen fordert bessere Rahmenbedingungen und Steuererleichterungen für Startups. Die Realität in der Schweiz ist heute aber eine andere.

In den meisten europäischen Ländern hat sich in den vergangenen Jahren eine lebendige Startup-Szene gebildet. Es entstehen immer mehr technologiebasierte Jungunternehmen. Doch wenn es um die Skalierung geht, hinken die Jungunternehmen in Deutschland, der Schweiz und anderen europäischen Ländern immer noch ihren Konkurrenten aus Hotspots wie Israel oder dem Silicon Valley hinterher. Dies wollen nun Deutschland oder die Schweiz ändern – mit grundsätzlich unterschiedlichen Ansätzen.

In Deutschland sorgten Ende Juli gleich zwei Ankündigungen in der deutschen Startup-Szene für Aufsehen. Zum einen stockten das Bundeswirtschaftsministerium und der Europäische Investitionsfonds die Start-up-Finanzierung um eine Milliarde Euro auf. Der Dachfonds beteiligt sich an Wagniskapitalfonds, die massgeblich in Deutschland in Technologieunternehmen in der Früh- und Wachstumsphase investieren. Der ebenfalls durch die Mittel der ERP/EIF-Fazilität finanzierte European Angels Fund bietet Ko-finanzierungen für Investitionen ausgesuchter und erfahrener Business Angels. Komplettiert wird dieses Förderangebot seit März dieses Jahres durch die ERP/EIF-Wachstumsfazilität, die das Segment der Anschlussfinanzierungen abdeckt. Zusammen mit den Mitteln für die Wachstumsfazilität beträgt das Gesamtvolumen dieser drei Wagniskapital-Instrumente künftig 3,2 Milliarden Euro. Die Investments erfolgen immer zusammen mit anderen privaten Mitinvestoren.

20 Milliarden für Kredite und Growth Fund
Kurz darauf berichteten Spiegel und Welt am Sonntag von einem noch viel grösseren Investment Vehikel. Das deutsche Bundesfinanzministerium will bei der staatlichen KfW-Bank einen „Tech Growth Fund“ schaffen, der mit nicht weniger als zehn Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Zusätzlich stehen sollen noch einmal zehn weitere Milliarden für günstige Kredite vom Staat für Gründer bereitgestellt werden. Laut Welt am Sonntag rechnet das Bundesfinanzministerium mit Kosten inklusive Verlusten von maximal 400 Millionen Euro pro Jahr.

Das Echo auf die Ankündigungen fiel grundsätzlich positiv aus. Florian Nöll, der Vorsitzende des Bundesverbands Deutsche Startups erklärte etwa: „Mit den Plänen für den „Tech Growth Fund“ würde das Bundesfinanzministerium das größte Programm zur Startup-Förderung in Deutschland schaffen und die Bundesregierung ihr finanzielles Engagement für die deutsche Startup-Industrie auf einen Schlag vervielfachen. Das begrüßen wir sehr, auch weil diese Maßnahme geeignet ist, unseren Finanzierungsrückstand zu den USA und China erstmalig zu reduzieren.“

Laut der der gleichen Pressemitteilung sagte Nöll allerdings auch: „Die 10 Milliarden Euro Kredit können ihren Weg zu den Startups nur finden, wenn in gleichem Umfang private Investitionen stattfinden. Wir ermutigen die Bundesregierung deshalb den „Tech Growth Fund“ mit steuerlichen und regulatorischen Anreizen für private Investoren zu begleiten.“

Die schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland werden auch im Artikel der Welt am Sonntag thematisiert, in dem über den Growth Fund berichtet wird. Erwähnt werden etwa hohe bürokratische Hürden sowie fehlende Steuererleichterungen für Gründer und Investoren. Zudem zieht der Artikel die Wirksamkeit der Startup-Förderung mit staatlichen Mitteln generell in Zweifel. So sei der High Tech Gründerfonds I ein Jahr vor Ende seiner Laufzeit weit vom Ziel entfernt, mit einer schwarzen Null abzuschliessen. Hingewiesen wird auch auf bereit stehende Mittel, die nicht abgerufen werden, zum Beispiel beim Programm INVEST.

Schneider-Ammann fordert Steuererleichterungen
Dass es in der Schweiz ebenso an Kapital für Startups fehlt, weiss auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann. In einem Interview mit „Die Volkswirtschaft“, dem Onlinemagazin für Wirtschaftspolitik des Seco sagt der Wirtschaftsminister: „Die erste Million bekommen die Start-ups. Wenn es dann aber um die Markteinführung geht, findet man dieses Geld vor allem in Kalifornien – und nicht bei uns. Das müssen wir korrigieren.“

Korrigiert werden soll dies unter anderem durch Steuererleichterungen. Im Interview heisst es weiter: „Prototypen und erste Kredite könnten steuerbefreit werden. Wir diskutieren auch Modelle, wo es darum geht, dass die ersten sieben Jahre nicht besteuert werden – wie in Kalifornien. Denn in den ersten Jahren stecken die Unternehmer allfällige Gewinne sowieso meist wieder in die Firma.“

Darüber hinaus betont Schneider-Ammann erneut die Bedeutung der Rahmenbedingungen. Rechtssicherheit und Planbarkeit sollten gewährleistet sein. Insbesondere will der Bundespräsident die bilateralen Verträge mit der EU sichern.

Schlechtere Rahmenbedingungen in der Schweiz
Die Rahmenbedingungen spielen eine entscheidende Rolle für die Weiterentwicklung europäischer Startup-Standorte. Auch in Deutschland ist klar, dass man allein mit staatlichen Geldmitteln keine starke Jungunternehmer-Szene aufbauen kann. Es braucht private Investoren und diese investieren nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Grundsätzlich ist die Schweiz in Sachen Rahmenbedingungen immer noch gut positioniert. Doch trotz des bundesrätlichen Bekenntnisses zu Startups und trotz mehrerer parlamentarischer Vorstösse, drohen die Bedingungen hier zu Lande schlechter zu werden, statt sich zu verbessern. Startups kämpfen zunehmend gegen die schlechte Verfügbarkeit von Personal. Die Drittstaatenkontingente für Arbeitnehmer ausserhalb der EU wurden bereits klar gekürzt. Mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative drohen weitere Engpässe. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Initiative auch die Teilnahme von Startups am europäischen Forschungsprogramm Horizon2020 erschwert. Und nicht zuletzt hat im Kanton Zürich die Erhöhung der Vermögenssteuer für Firmengründer und Investoren die Bedingungen für Startups verschlechtert.

Anders als in den meisten europäischen Ländern sind in der Schweiz direkte staatliche Subventionen für Startups kaum vorstellbar. Traditionell sind die Rahmenbedingungen eine Stärke der Schweiz. Angesichts der Aktivitäten in Ländern wie Deutschland wird man im Rennen um die besten Startups aber nur mithalten können, wenn diese Rahmenbedingungen weiter verbessert, statt verschlechtert werden. Dabei ist nicht nur der Bund gefordert, wo die Probleme zumindest einmal erkannt sind, sondern auch die Kantone sollten ihren Beitrag leisten.

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