Schweizer Medtech-Firmen verlieren barrierefreien Zugang zum EU-Markt

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26.05.2021
Symbolbild Hürde

Heute tritt die neue EU-Medizinprodukteverordnung in Kraft. Wegen des fehlenden Institutionellen Rahmenabkommens hat die Europäische Union das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen nicht aktualisiert. Damit verliert die Schweiz als Standort für Startups an Attraktivität.

Am heutigen Mittwoch ersetzt die neue EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) die bestehenden EU-Richtlinien (Medical Device Directive, MDD) und tritt das entsprechende Schweizer Medizinprodukterecht in Kraft. Mit Geltungsbeginn der MDR verliert die Schweizer Medizintechnikindustrie ihren bisher barrierefreien Zugang zum EU-Binnenmarkt. Der Grund: Eine der Voraussetzungen für den barrierefreien Warenhandel, namentlich die Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, MRA), ist bis heute nicht erfüllt. Die EU machte bereits Ende 2018 klar, dass sie ohne Paraphierung des Institutionellen Abkommens (InstA) weder neue bilaterale Verträge mit der Schweiz abschliessen noch bestehende aktualisieren wird. Von dieser Position ist sie bis heute nicht abgerückt.

«Die letzten zwei Jahre haben Swiss Medtech und seinen Mitgliedern enorm viel abverlangt. Die Branche hat sich mit beispiellosem Einsatz so gut wie möglich auf die erhöhten Anforderungen für den Warenexport in die EU vorbereitet», sagt Peter Biedermann, Geschäftsleiter vom Branchenverband Swiss Medtech. Dazu gehören im Wesentlichen die Benennung eines Bevollmächtigen im EU-Raum, der stellvertretend Herstelleraufgaben inklusive Produktehaftung übernimmt, sowie die entsprechende Neubeschriftung der Produkte (Labeling). 

Dies nicht ohne Preis: Der Administrationsaufwand zur Erfüllung der Drittstaat-Anforderungen kostet die Schweizer Medizintechnikindustrie initial schätzungsweise CHF 114 Mio. und jährlich wiederkehrend CHF 75 Mio. Beat Vonlanthen, Präsident von Swiss Medtech, kommentiert: «Mehr als die reinen Kosten sorgen uns der Verlust der Standort-Attraktivität und die damit verbundenen, negativen Konsequenzen. Für aussereuropäische Firmen etwa, die ihren Hauptsitz in Europa stationieren wollen, verliert die Schweiz gegenüber EU-Ländern aufgrund der Drittstaat-Bürokratie massiv an Investitions-Attraktivität. Sorgen bereitet uns auch, dass Schweizer Startups ihren Sitz anstatt in der Schweiz vermehrt in der EU ansiedeln könnten.»

2002 konnten dank den Bilateralen I technische Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU abgebaut und der gegenseitige Marktzugang gesichert werden. Heute hat die Schweiz diese Errungenschaft für die Medizintechnikbranche mit ihren 63’000 Beschäftigten und 1’400 Unternehmen verloren. Für Beat Vonlanthen ist deshalb klar «Der Verband wird sich über den heutigen Tag hinaus mit ungebrochenem Engagement dafür einsetzen, dass das MRA möglichst rasch aktualisiert und die Beziehungen der Schweiz mit der EU auf eine solide und dauerhafte Grundlage gestellt werden». Der Verband zeigt sich denn auch enttäuscht über den Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen. "Damit ist kein Problem gelöst", heisst es in einer Medienmitteilung.     

(Press release / SK)

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